Zur Zulässigkeit von Finanzierungsvorbehalten für parlamentarische Mitarbeiter
Rheinland-Pfalz plant, verfassungsfeindliche Mitarbeiter von Landtagsabgeordneten und Landtagsfraktionen nicht mehr mit staatlichen Geldern zu finanzieren. Dieser Vorstoß könnte in Deutschland Schule machen. Er fällt in eine Reihe weiterer Maßnahmen zum Verfassungsschutz unterhalb der Schwelle des Parteienverbots und ist zwar grundsätzlich begrüßenswert, aber mit Blick auf das freie Mandat und das Parteienprivileg nicht ganz unproblematisch.
Established order
Auch der parlamentarische Betrieb funktioniert nur arbeitsteilig. Für die Parlamentarier in Bund und Ländern sind daher eine große Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tätig – und zwar zum einen für die jeweiligen Abgeordneten selbst (in den jeweiligen Wahlkreisbüros und am Parlamentssitz) und zum anderen für die Fraktionen. Was aber, wenn von diesen Mitarbeitern Gefahren für den parlamentarischen Betrieb oder die Verfassung ausgehen? Entsprechende Gefahren vermutet man gerade unter den Mitarbeitern von AfD-Abgeordneten und AfD-Fraktionen, wie beispielsweise Recherchen von REPORT MAINZ zum Landtag Rheinland-Pfalz oder des Bayerischen Rundfunks zum Bundestag nahelegen. Der Präsident des rheinland-pfälzischen Landtags, Hendrik Hering, hat dieser Tage daher ein Gesetzesvorhaben vorgestellt, das den Geldhahn für verfassungsfeindliche Mitarbeiter von Landtagsabgeordneten und -fraktionen zudrehen soll. Diese Regelung wäre deutschlandweit die erste ihrer Artwork. In anderen Bundesländern scheint man ebenfalls über entsprechende Schritte nachzudenken.
Mit Blick auf die Mitarbeiter von Parlamentariern und Fraktionen werden derzeit vor allem zwei unterschiedliche Maßnahmen diskutiert (vgl. auch die Gutachten für den Bundestag sowie für die Landtage in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg): erstens die Beschränkung des Zugangs zu Parlamentsräumen und zweitens der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung.
Zugangsbeschränkungen
Bislang ermöglichen es einige der parlamentarischen Hausordnungen bereits, Mitarbeitern von Abgeordneten oder Fraktionen den Zugang zu parlamentarischen Räumlichkeiten zu versagen. Die betreffenden Mitarbeiter müssen eine entsprechende „Zuverlässigkeitsprüfung“ bestehen, um die Zugangsberechtigung und einen entsprechenden Ausweis zu erhalten.1) Diese Prüfung beinhaltet typischerweise eine Abfrage über Datenbanken mit strafrechtlichen oder polizeilichen Vorgängen (Bundeszentralregister, Informationssystemen der Polizeien) und dient dem Zweck, die Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Parlaments sicherzustellen. Eine Versagung der Zugangsberechtigung soll additionally insbesondere möglich sein, wenn aufgrund strafrechtlicher Verurteilungen oder hinreichend konkreter Tatsachen das Risiko besteht, dass ein Mitarbeiter in den parlamentarischen Räumlichkeiten Straftaten (etwa Bedrohung, Körperverletzung, sexuelle Nötigung, aber beispielsweise auch Spionagedelikte) begehen oder gegen das Waffenrecht verstoßen wird. Der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg hat eine entsprechende Hausordnung mit der Zuverlässigkeitsprüfung 2022 gebilligt. Der dort betroffenen AfD-Fraktion stehe zwar das Recht auf freie Fraktionsarbeit zu, in das mittelbar eingegriffen werde, wenn ein Mitarbeiter, der nicht in die Zuverlässigkeitsprüfung einwilligt, keine Zugangsberechtigung erhalte. Doch sei dieser Eingriff durch den Schutz gegenläufiger Verfassungsgüter – nämlich zum Schutz von „Leib und Leben der Abgeordneten sowie aller im Landtag Anwesenden“ (§ 11 Abs. 1 S. 2 Hausordnung des Landtags von Baden-Württemberg) – verfassungsrechtlich gerechtfertigt (VerfGH Baden-Württemberg, Rn. 93 ff.).
Finanzierungsvorbehalte
Für Mitarbeiter der Fraktionen und der Abgeordneten sieht das Parlamentsrecht grundsätzlich eine staatliche Finanzierung vor, wobei Fraktionen typischerweise einen Pauschalbetrag zur eigenen Verwendung erhalten,2) während die Abgeordneten den Aufwand für beschäftigte Mitarbeiter erstattet bekommen3). Auch hier haben aber einige (vor allem ostdeutsche) Bundesländer schon gewisse Grenzen eingezogen. Sie erstatten die Kosten von Abgeordnetenmitarbeitern nur dann, wenn jeweils ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt wird, das keine Eintragungen wegen einer vorsätzlichen Straftat aufweist, oder wenn dennoch parlamentarische Schutzgüter nicht gefährdet erscheinen.4) Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hielt hier die frühere sächsische Regelung auf Antrag einer Abgeordneten der LINKEN für einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das freie Abgeordnetenmandat. Zwar sei es grundsätzlich legitim, die Vertrauenswürdigkeit, Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Parlaments auch durch Entschädigungsregeln zu schützen, die darauf abzielten, dass in qualifizierter Weise straffällig gewordene Mitarbeiter nicht bei Abgeordneten tätig seien. Das alleinige Abstellen auf das Führungszeugnis und die dort gelisteten vorsätzlichen Straftaten ohne Einzelfallprüfung mit Blick auf das parlamentarische Schutzgut sei jedoch unverhältnismäßig (VerfGH Sachsen, Rn. 32 ff.). Daher wird in der Praxis nun jeweils der Einzelfall gewürdigt.
Das Gesetzesvorhaben in Rheinland-Pfalz
Der rheinland-pfälzische Gesetzesentwurf geht nun über diese bestehenden Ansätze hinaus. Bereits seit dem 15. Juni 2024 sieht die Hausordnung des Landtages vor, dass Fraktionsmitarbeiter nur noch nach erfolgreicher Zuverlässigkeitsüberprüfung Zutritt zu den zentralen Landtagsgebäuden erlangen. Die Prüfung „zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben der Abgeordneten sowie aller im Landtag Anwesenden, für die Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Landtags und seiner Gremien sowie für die Würde des Hauses“ erfolgt allerdings nur mit Einwilligung des Betroffenen und fußt auf einer Abfrage beim Landeskriminalamt und beim Landesverfassungsschutz (§§ 3 Abs. 2, 8 Hausordnung des Landtags Rheinland-Pfalz).
Hieran knüpft das neue Gesetzesvorhaben nun an, das von SPD, CDU, Grünen und FDP, nicht aber von AfD und Freien Wählern getragen wird. Die geplanten Neuregelungen statuieren sowohl für die Abgeordnetenmitarbeiter als auch für die Fraktionsmitarbeiter eine Zuverlässigkeitsüberprüfung nun auch im Bereich der Finanzierung.5) Dies dient dem „Schutz gegen Risiken für die freiheitliche demokratische Grundordnung, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit, Sicherheit, Integrität und Vertrauenswürdigkeit des Landtags Rheinland-Pfalz sowie sonstige parlamentarische Rechtsgüter“6) – neu ist hier additionally die ausdrückliche Verankerung eines allgemeinen Verfassungsschutzes neben dem Schutz des Landtags. Die Überprüfung bedarf allerdings einer Zustimmung des betroffenen (potenziellen) Mitarbeiters.7) Sie obliegt dem Landtagspräsidenten, der sie aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls durch Verwaltungsakt trifft.8)
Was unter Zuverlässigkeit zu verstehen ist, definiert der Gesetzgeber nicht abstrakt, sondern ist mit Blick auf den genannten Schutzzweck – additionally Verfassungs- und Parlamentsschutz – zu bestimmen. Der Gesetzgeber konkretisiert dies aber durch drei (alternativ zu verstehende) Regelbeispiele, die eine nähere Betrachtung verdienen. Die Formulierung lautet:
„Die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt in der Regel Personen,
1. die wegen eines Staatsschutzdeliktes rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2. die Mitglied
a) in einem Verein waren, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind, oder
b) in einer Partei waren, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3. bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Landesverfassungsschutzgesetzes verfolgt oder unterstützt haben.“9)
Nach Nr. 3 indiziert additionally auch das Verfolgen oder Unterstützen verfassungsfeindlicher Bestrebungen die Unzuverlässigkeit. Erfasst sind Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes und seiner Länder, gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes sowie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (§ 4 Abs. 1 S. 1 VerfSchG RLP). Auf den Landtagspräsidenten kommt daher künftig wohl ein erhebliches Prüfungsgeschäft zu. Als Tatsachengrundlage hierfür dienen eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister (nicht lediglich ein deutlich beschränkteres polizeiliches Prüfungszeugnis) sowie Auskünfte aus einer Regelabfrage beim Landeskriminalamt und beim Landesverfassungsschutz zu etwaigen Tatsachen, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen können.10) Hinzu kommt die persönliche Anhörung des Betroffenen.11) Falls die Zuverlässigkeitsprüfung mangels Zustimmung nicht erfolgen kann oder negativ ausfällt, wird für Abgeordnetenmitarbeiter die finanzielle Erstattung für die Zukunft eingestellt,12) für Fraktionsmitarbeiter wird die finanzielle Zuweisung um den vereinbarten Lohn bzw. um einen Pauschalbetrag gekürzt.13)
Maßnahmen zum Schutz der Verfassung
Das rheinland-pfälzische Gesetzesvorhaben ergänzt eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen, die verfassungsfeindlichen Aktivitäten von Parteien und ihren Mitgliedern – namentlich der AfD – Einhalt gebieten wollen. Dies beginnt bei der Beobachtung verfassungsfeindlicher Aktivitäten durch die Verfassungsschutzämter,14) die inzwischen auch die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit unterrichten.15) Diese Informationsgewinnung und -auswertung kann sodann genutzt werden,16) um verfassungsfeindlichen Bestrebungen konkret entgegenzutreten. Verfassungsfeindliche Vereine werden verboten,17) Beamte werden bei mangelnder Verfassungstreue sanktioniert und verfassungsfeindliche Bewerber für den öffentlichen Dienst nicht eingestellt,18) verfassungsfeindlichen Personen wird in Ermangelung der notwendigen Zuverlässigkeit die Waffenerlaubnis entzogen oder versagt.19) Nun will man diese Type des Verfassungsschutzes auf den parlamentarischen Raum ausdehnen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Beschäftigung verfassungsfeindlicher Mitarbeiter für Abgeordnete und Fraktionen finanziell unattraktiv werden, damit sie künftig unterbleibt (S. 12).
Freies Mandat
Doch dieser Regelungsansatz birgt das Drawback, dass er die parlamentarischen Rechte der Abgeordneten und ihrer Fraktionen verletzen könnte. Denn das Parlament ist der Ort, an dem die Abgeordneten und Fraktionen – auch solche von verfassungsfeindlichen, aber (noch) nicht verbotenen Parteien – auf Grundlage des freien (und gleichen) Mandats20) ihre politischen Überzeugungen artikulieren. Diese Freiheit der parlamentarischen Tätigkeit von Abgeordneten und Fraktionen unterscheidet sich hierbei maßgeblich von der rechtlichen Place der Beamten, die nach Artwork. 33 Abs. 5 GG zur verfassungsrechtlichen Treue verpflichtet sind, oder der Vereine und ihrer Mitglieder, deren Tätigkeit sich gemäß Artwork. 9 Abs. 2 GG gerade nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten darf. Das freie Mandat unterscheidet sich ferner von der – als Ausnahme vom generellen Verbot erteilten – Erlaubnis zum Umgang mit Waffen, die einen spezifischen Schutz für die Rechtsgüter Leib, Leben und öffentliche Sicherheit verlangt. Dem parlamentarischen Mandat kommt somit auch mit Blick auf konfligierende Verfassungsgüter ein besonders hoher Schutz zu. Dies gilt umso mehr, als bei Maßnahmen der parlamentarischen Mehrheit, die üblicherweise den Parlamentspräsidenten stellt und über das zuständige Innenministerium auch den Verfassungsschutz beaufsichtigt, die Gefahr besteht, dass gegenüber der parlamentarischen Konkurrenz nicht die gebotene Neutralität aufgebracht wird.
Parteienprivileg
Außerdem könnte auch Artwork. 21 GG dem geplanten Finanzierungsausschluss entgegenstehen. Zwar fallen Zahlungen an Abgeordnete und Fraktionen nicht unter die – vom Parteienprivileg erfasste – staatliche Parteienfinanzierung des Artwork. 21 Abs. 3 GG, sondern stellen eine separate Finanzierung der parlamentarischen Tätigkeit dar (etwa BVerfGE 140, 1 (26)). Im Zusammenhang mit politischen Stiftungen hat das Bundesverfassungsgericht aber jedenfalls ausgeführt, dass auch die Zuweisung staatlicher Mittel an parteinahe Dritte (und das sind auch Abgeordnete und Fraktionen) nicht zu einer Verfälschung der politischen Wettbewerbslage zwischen den Parteien führen dürfe (BVerfGE 166, 93, Rn. 178). Ein Eingriff in das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien sei nur auf verfassungsrechtlicher oder gesetzlicher Grundlage und nur zugunsten eines Verfassungsguts von einigem Gewicht möglich (BVerfGE 166, 93, Rn. 180 f.).
Was diese vage Formulierung bedeutet, wird das Bundesverfassungsgericht demnächst zum neuen Stiftungsfinanzierungsgesetz klären müssen.21) Dieses knüpft die staatliche Förderung daran, dass die politische Stiftung die Gewähr dafür bietet, „für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv einzutreten“ (§ 2 Abs. 4) und ermöglicht damit den Förderungsausschluss für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung. In diesem Kontext wird das Parteienprivileg des Artwork. 21 Abs. 2 bis 5 GG related, das ein Verbot verfassungswidriger Parteien und den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorbehält. Nimmt man diese Verfassungsbestimmung ernst, so spricht sie im Bereich des unmittelbaren politischen Wettbewerbs – vor allem bei Wahlen und im Parlament – dagegen, stetig weitere einfachgesetzliche Maßnahmen des Verfassungsschutzes gegenüber solchen Parteien zu entwickeln, die aufgrund ihrer Verfassungsfeindlichkeit einem Verbotsverfahren unterzogen werden müssten.
Derzeit ist allerdings das Gegenteil zu beobachten. Wenn das verfassungsrechtlich vorgesehene Instrument des Parteiverbotsverfahrens aus rechtlichen oder politischen Gründen nicht genutzt wird, liegt es nahe, zu anderen Maßnahmen des Verfassungsschutzes zu greifen. Dies unterläuft allerdings das in der Verfassung angelegte binäre System (von Parteien mit sämtlichen Rechten und verbotenen Parteien) bzw. verändert es zu einem graduellen System von Parteien mit abgestuften Rechten.
Modalitäten eines verfassungskonformen Finanzierungsausschlusses
Die genannten Bedenken bedeuten nicht, dass ein Finanzierungsausschluss für Mitarbeiter per se verfassungswidrig ist. Richtigerweise kann das freie Mandat zugunsten anderer Verfassungsgüter beschränkt werden, wie es etwa für die parlamentarische Rede zur Wahrung der Funktionsfähigkeit oder Würde des Parlaments22) oder auch für die Beobachtung eines Abgeordneten durch den Verfassungsschutz (BVerfGE 134, 141, Rn. 100 ff.) anerkannt ist. Allerdings muss das geplante Gesetzesvorhaben zum Schutz von Parlament und Verfassung die Bedeutung des freien Mandats und das Parteienprivileg achten, was sich in strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen niederschlägt. Die hiernach gebotene Einzelfallbetrachtung des jeweiligen Mitarbeiters sieht der Gesetzesentwurf ausdrücklich vor.23) Er verdient im Übrigen zwei Anmerkungen.
Erstens sei klargestellt, dass auch die indirekte Regelungstechnik des Gesetzesentwurfs die strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht entbehrlich macht. Der Gesetzentwurf wirkt in zweifacher Hinsicht mittelbar: Eine Zuverlässigkeitsprüfung erfolgt nur mit Zustimmung des betroffenen Mitarbeiters; und selbst ohne erfolgreiche Zuverlässigkeitsprüfung können Abgeordnete und Fraktionen einen Mitarbeiter auf eigene Kosten beschäftigen. Dass man Abgeordnete und Fraktionen mithilfe finanzieller Anreize lenken will, ist meines Erachtens aber als besonders problematisch anzusehen. Der Staat sollte sich im sensiblen Bereich des politischen Wettbewerbs jeglicher Nudging-Versuche enthalten und stattdessen unmittelbar gegen Gefahren und Risiken vorgehen, so wie es ja beispielsweise bei den Zugangsregeln zu parlamentarischen Gebäuden oder auch bei der Sicherheitsüberprüfung für Mitarbeiter der Fall ist, die Zugang zu sensiblen Informationen erhalten. Der Finanzierungsausschluss lässt sich aber jedenfalls mit dem Ziel begründen, dass der Staat mit seinen finanziellen Ressourcen nicht an der Schwächung seiner eigenen Verfassungsorgane mitwirken will.
Dass die Zuverlässigkeitsprüfung nur mit Einwilligung des betroffenen (potenziellen) Mitarbeiters erfolgt, sieht der Gesetzesentwurf als (für diesen) grundrechtsschonende Various zu einem verpflichtenden Vorgehen.24) Allerdings dürften sich die Betroffenen in der Praxis häufig faktisch zur Einwilligung gezwungen sehen, da Abgeordnete und Fraktionen typischerweise ein Interesse an der finanziellen Erstattung haben und daher eine Beschäftigung an die Einwilligung knüpfen werden. Insgesamt ist das rheinland-pfälzische Modell sehr datenintensiv, da alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Regelabfrage vorgesehen sind und das Landtagspräsidium beispielsweise nicht erst reagiert, wenn einzelne Mitarbeiter auffallen. Dieses Vorgehen besitzt aber den Vorteil, dass es alle Abgeordneten und Fraktionen gleichermaßen erfasst und auch das Aufdecken etwaiger Zuverlässigkeitsmängel nicht dem Zufall überlässt.
Was zweitens die (hinreichend gewichtigen) materiellen Voraussetzungen der Unzuverlässigkeit betrifft, so lassen sich diese umso leichter rechtfertigen, je allgemeiner sie sind, und umso schwerer, je größer die Nähe zum Parteienprivileg ausfällt. Daher sind die beiden erstgenannten Regelbeispiele der strafrechtlichen Verurteilung wegen eines Staatsschutzdeliktes oder der früheren Mitgliedschaft in einer verbotenen Partei oder Vereinigung grundsätzlich25) unproblematisch. Man könnte hier sogar noch weiter gehen und auch Straftatbestände jenseits der Staatsschutzdelikte von hinreichender Schwere und mit Bezug zur parlamentarischen Tätigkeit aufnehmen, beispielsweise solche, aus denen eine Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols hervorgeht (schwere Straftaten gegen Leben und körperliche Unversehrtheit, Landfriedensbruch, Straftaten nach Waffenrecht). Zudem wäre es auch denkbar, bei gewissen Strafteten nicht erst an eine Verurteilung, sondern ggf. auch an einen hinreichenden Tatverdacht anzuknüpfen. Steht beispielsweise der begründete Vorwurf der Spionage im Raum, so dürfte der Schutz des Parlaments vor Ausspähung auch schon im Verdachtsfall hinreichendes Gewicht besitzen.
Eine größere Nähe zum Parteienprivileg hingegen besitzt das dritte Regelbeispiel, das auf die Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen abstellt. Denn neben Individuen und anderen Vereinigungen werden eben auch Parteien wie die AfD und ihre Organisationen von den Verfassungsschutzbehörden hinsichtlich verfassungsfeindlicher Äußerungen und Handlungen ihrer Mitglieder und Unterstützer beobachtet.
Selbst wenn eine Partei aber beispielsweise als gesichert verfassungsfeindlich eingestuft ist, würde das Parteienprivileg unterlaufen, falls Parteimitglieder aufgrund dieser Mitgliedschaft nicht mehr für die Abgeordneten oder die Fraktion dieser Partei tätig sein dürften. Auch der Gesetzgeber scheint das Regelbeispiel nicht derart weit zu verstehen, sondern sieht in seiner Begründung offenbar „eine aktiv kämpferisch, aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung“ bzw. den Versuch, „die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend zu untergraben“ als notwendige Voraussetzung dieses Regelbeispiels an (S. 19).
Diese Eingrenzung ist auch mit Blick auf die Rechtsprechung zu den Abgeordnetenrechten angemessen: In Umformulierung der dortigen Maßstäbe kann man verlangen, dass ein Mitarbeiter seine Tätigkeit im parlamentarischen Bereich „nicht zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung missbraucht oder diese aktiv und aggressiv bekämpft“.26) Hierfür dürfte die reine Mitgliedschaft in gewissen (verfassungsfeindlichen) Parteiströmungen, Parteiorganisationen oder parteinahen Vereinigungen allein ebenso wenig genügen wie die bloße Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen. Es empfiehlt sich daher, die Notwendigkeit der aktiv kämpferisch aggressiven Haltung auch in den Gesetzestext zum dritten Regelbeispiel aufzunehmen. Das Gesetzesvorhaben ist somit nicht nur rechtspolitisch nachvollziehbar, sondern bei Berücksichtigung der genannten Punkte auch verfassungskonform – wenngleich es ein Verbotsverfahren nicht entbehrlich macht.